Mompreneur: Wenn ein skandinavisches Herz uns den Norden näher bringt. Johanna von Jättefint.
Skandinaviens Flair, ganz viel Herz und tolle Produkte. Das und noch viel mehr findet ihr bei Jättefint – einem Lädchen im Herzen Kölns, das uns allen die schöne Welt von Bullerbü, Pipi Langstrumpf, Mumins und Co. näher bringen möchte.
Jättefint. Das ist schwedisch und heißt so viel wie “Superschön”. Und besser könnte man den bezaubernden Laden in einer Seitenstraße in Köln-Sülz nicht beschreiben. Denn dort findet ihr ausgewählte Kinder- und Damenkleidung, Spielwaren, Designprodukte und Wohnaccessoires aus Skandinavien.
Aktuell feiert Jättefint seinen 12ten Jahre Geburtstag. Grund genug, den Shop wieder einmal zu besuchen und seiner herzlichen Inhaberin, Johanna, ein paar Fragen zu stellen.
Johanna lebt seit nun mehr als 20 Jahren in Köln. Ursprünglich kommt sie aus Finnland. Die Idee mit dem Laden kam Johanna, als ihre Tochter klein war und Freunde sie immer wieder gefragt haben, woher sie all die tollen bunten Klamotten hat, die sie damals anzog.
Johanna hat sich unseren Fragen gestellt, weshalb wünschen wir euch viel Spaß beim heutigen Interview mit einer Powerfrau.
Du bist eigentlich Finnisch- und Französisch-Lehrerin. Hast dann während Deines Frankreichaufenthalt Modedesign studiert und anschließend als Lektorin und Übersetzerin gearbeitet. Wow, das nenne ich vielfältig. Gibt es einen Beruf, den Du noch gerne einmal ausüben möchtest? Vermisst Du einen Deiner alten Berufe manchmal?
Die verschiedenen Berufe, die ich ausgeübt habe, haben zu jedem Lebensabschnitt bei mir gut gepasst. Ich bin eigentlich immer glücklich und zufrieden gewesen, egal welchen Beruf ich ausgeübt habe. Ich muss aber sagen, dass es trotzdem mit jedem neuen Beruf zu einer positiven Steigerung gekommen ist. Und das eine hat zu dem anderen geführt. Ich vermisse meine alten Berufe nicht, ich habe dadurch sehr schöne & hilfreiche Erfahrungen gemacht und schöne Freundschaften geschlossen. Mit meinem jetzigen Beruf bin ich sehr zufrieden, die Arbeit ist sehr vielfältig, ich habe viel Kontakt mit Menschen, bin umgeben von schönen Produkten und der Laden ist auch wie eine kleine Botschaftszentrale für Skandinavien. Ich konnte das kombinieren, was mich am meisten interessiert: Umgang mit Menschen, etwas mit Skandinavien und großartige bunte Artikel.
Wenn Dir jemand vor 10 Jahren gesagt hätte, dass Du heute einen erfolgreichen Laden, eine Mode Agentur und 8 Mitarbeiter hast, was hättest Du damals gedacht?
Ich hätte wahrscheinlich gelacht und gesagt, das wäre cool, aber wie soll das gehen!?
Stand Selbständigkeit und ein eigenes Unternehmen eigentlich auf Deiner Karriereliste? Du hast ja auf Lehramt studiert, da kam es Dir zu Beginn Deines Studiums bestimmt noch nicht in den Sinn.
Auf gar keinen Fall, bei mir war von Anfang an klar, dass ich Lehrerin werde, mein Bruder ist auch Lehrer und meine Eltern auch. Ich glaube aber, dass ich das unternehmerische Interesse von meinem Opa geerbt habe, er hat damals in Finnland einen Garten- und Gemüsehof gehabt, und ich fand es immer spannend, ihm zu helfen und war auch dabei, als er Obst und Blumen verkauft hatte. Aber einen eigenen Laden zu gründen, war eigentlich eher eine spontane Idee. Es stellte sich aber recht schnell heraus, dass die Idee gut war und die Gründung war meiner Ansicht nach zu einem guten Zeitpunkt und das Konzept wurde zum Glück gut angenommen in Köln. Viele interessieren sich für Skandinavien und möchten gern etwas individuelles, schönes und auch gute Qualität kaufen.
Was war die größte Herausforderung in Eurem ersten Jahr? Was hättest Du gerne vorher gewusst?
Wir haben viel selbst gebaut oder Second Hand Möbel umgeändert, bei der Einrichtung des Ladens, und das war absolut eine von den größeren Herausforderungen – das hat sehr viel Zeit und Energie gekostet. Ich hatte zum Glück viele Freunde, die mir geholfen haben. Ein guter Freund, der als Bühnenbildner bei einem Theater in Finnland arbeitet, ist sogar extra angereist und hat unter anderem einen verschiebbaren Tisch gebaut.
Die Buchhaltung war für mich auch etwas Neues und das wäre schon toll gewesen, wenn ich da ein bisschen mehr Vorkenntnisse gehabt hätte.
Für meine Familie war es auch keine einfache Zeit, da ich nicht so viel zu Hause war und ohne die Unterstützung meines Ehemanns und guter Freunde hätte ich es nie hingekriegt. Ich hatte wirklich unterschätzt, wie viel Zeit und Energie es kostet, etwas Eigenes auf den Beinen zu stellen.
Was oder wer war Deine größte Hilfe. Wer hat Dich unterstützt?
Definitiv meinen Ehemann, er hat oft das Projekt aus ganz praktischer Sicht unterstützt und seine analytischen, betriebswirtschaftlichen & Computer Kenntnisse waren und sind immer noch eine große Unterstützung. Vielen Freunde haben ganz großartige Unterstützung geleistet, z.B. handwerklich, bei Verhandlungen über den Mietvertrag, beim Aufsetzen der AGB, etc. Eine andere Freundin, die Erfahrung im Einzelhandel hatte, hat mir geholfen die Regale einzuräumen und zu dekorieren und gute Tipps gegeben. Eine finnische Freundin, die auch später bei mir im Laden gearbeitet hat, war eine große Hilfe bzgl. des Einkaufens der Produkte. Sie hat mit ihrem guten Geschmack und Designinteresse toll unterstützt. Und die Bank aus meinem Heimatort in Finnland hat mich auch das erste Jahr unterstützt, da ich dort ein Darlehen bekommen habe. 😊
Würdest Du alles noch mal so machen? Was würdest Du anders machen?
Einen eigenen Laden zu gründen war schon ein einmaliger Kraftakt, es ist ja jetzt 12 Jahre hier – nochmal von Anfang an zu beginnen, das könnte ich nicht machen – und muss es ja auch nicht zum Glück. Ich bereue es aber auf gar keinen Fall, das war die beste Entscheidung meines Lebens Jättefint zu gründen.
Durch die Modeagentur, die ich auch vertreibe, habe ich viel Kontakt zu neuen Ladengründern und gebe auch gerne Tipps falls ich gefragt werde. Durch meine Erfahrung weiß ich, dass eine Ladengründung sehr viel Kraft & Energie, und natürlich Geld „frisst“, das ist nicht immer so einfach.
Der Wareneinkauf ist immer einen Punkt, bei dem einiges schief gehen kann, und da habe ich schon auch Fehler gemacht und habe hinterher gedacht, dass ich hätte doch nicht einkaufen sollen. Hinterher ist man immer schlauer. Falls ich etwas anders machen könnte, würde ich eine bessere Lage aussuchen, der Laden ist auf einer Seitenstraße und etwas versteckt, ich glaube in einer besseren Lage würden wir noch mehr Kunden erreichen.
Ich glaube es ist wichtig, dass man ein gesunde Portion Selbstvertrauen mitbringt bei der Gründung, und das man ein paar Freunde hat, auf die man sich verlassen kann.
Du hast damals eine Marktlücke erkannt. Du hast Jättefint gegründet, weil so viele Deiner Freunde von der Skandinavischen Mode begeistert waren. Woher glaubst Du, kommt die Faszination für Skandinavien, für skandinavische Mode und Design?
Das müsste man glaube ich eher die Deutschen fragen. Was ich aber so im Laden höre ist, dass viele Deutsche gern nach Skandinavien reisen, weil es dort viel schöne Natur, sehr viel Ruhe gibt und man sich dort gut entspannen kann.
Du hast Deine erste Firma, Dein Übersetzungsbüro, gegründet als Deine Tochter noch ein Baby war. In meiner Elternzeit habe ich gemerkt, dass viele Mamas über Selbständigkeit nachdenken. Warum glaubst Du, ist dies der Fall?
Ich denke man bekommt ein anderes Perspektive auf das Leben, wenn man ein Kind bekommt, so viel ändert sich, und plötzlich ist man verantwortlich für einen Menschen. Da denkt man vielleicht auch nach, was ist wichtig für das eigenes Leben und dem eigenen Beruf – einige merken dann vielleicht dass man doch etwas anderes machen möchte. In einer Selbständigkeit kannst du deine Arbeitszeit freier einteilen und bist auch flexibler und du bist dein eigener Chef, was natürlich auch sein Reiz haben kann. 😊
Die Stimmung bei Jättefint ist wie in einer Familie. Bei Dir arbeiten viele Mamas in Teilzeit und als Minijobber. Wie kannst Du ein Vorbild für größere Firmen sein?
Für mich ist wichtig, dass alle die bei Jättefint arbeiten happy und zufrieden sind und natürlich auch, dass sie Skandinavien lieben. Jeder darf auch seine Muttersprache sprechen – das ist ein Glückfaktor für alle meine Mitarbeiter, da viele aus Skandinavien kommen, gibt es eine bunte Mischung aus schwedisch- und finnischsprachigen bei uns.
Ich höre immer auf die Wünsche meiner Mitarbeiterinnen. Sie wissen doch selbst am besten, was sie gern bei Jättefint machen und bin sehr flexibel, wenn es um die Einteilung von Arbeitsaufgaben geht.
Für einige passt es besser, Vormittags zu arbeiten, da man Nachmittags mit den Kindern beschäftigt ist, oder Nachmittags weil man Vormittags eine andere Arbeit ausübt – das ergänzt sich oft gut und ich bemühe mich Lösungen zu finden, die für alle passen.
Bei Jättefint gibt sehr viele verschiedene Aufgaben – alles von Lagerarbeit, Online-Shop Bestellungen einpacken, Produkttexte für den Online-shop schreiben, Marketingaufgaben wie z.B. Instagram betreuen, Newsletter schreiben, aber natürlich auch an der Ladentheke unsere Kunden bedienen. Jede soll das tun was, was sie am besten kann und was ihr am meisten Spaß macht.
Welche Tipps gibst Du Frauen und Mamas, die sich selbstständig machen wollen?
Gut ist es, so viele Infos vorher zu sammeln wie möglich, am besten von jemanden, der schon in der Branche ist. Ich habe damals ein Jahr lang an einem Existenzgründer-Kurs teilgenommen, und das war auch eine supergute Vorbereitung. Und je nach dem, was man gründen möchte, ist es auf jeden Fall auch sehr hilfreich, wenn man ein Netzwerk hat mit verschiedener Art von Unterstützer oder Experten, die bereit sind zu helfen. Ansonsten sag ich „Go for it girl – and don’t forget to have fun“.
Wie sieht Dein Tagesablauf mit erfolgreichem (Online)Shop aus?
Jeder Tag ist etwas anders, aber klar, da der Laden von 10-18 Uhr geöffnet ist, bringt das natürlich eine gewisse Regelmäßigkeit mit sich.
Morgens wird neue Ware im Laden aufgefüllt, wir packen neue Online-Shop Bestellungen und bringen Ordnung in die Regale. Und von 10-18 Uhr verkaufen wir und bedienen Kunden – ich mag es sehr gerne, zu verkaufen, und zeige gerne alle Produkte, die wir im Laden haben. Wenn ein Kunde zufrieden rausgeht mit einer Jättefint-Tüte in der Hand ist es ein tolles Erfolgsgefühl und Bestätigung, dass wir es richtig machen und die Ware gut ankommt. Noch besser ist es, wenn der Kunde wiederkommt und zufrieden erzählt wie gut die Ware angekommen ist.
Nachdem wir geschlossen haben, wird die Kasse gezählt und die Buchhaltung gemacht.
Für viele von diesen alltäglichen Aufgaben habe ich tolle Hilfe von meinem Personal und selten mache ich alles das komplett alleine an einem Tag.
Da ich auch einen Handelsagentur betreibe, und viel Kundenkontakt mit anderen Kinderläden in Deutschland habe, arbeite ich 2-3 Vormittage im Homeoffice, wo ich in Ruhe allen Kunden weiterhelfen kann, mit z.B. neue Bestellungen oder Fragen zu Produkten.
Ich bin auch sehr gerne im Laden Abends, nachdem wir geschlossen haben. Da fallen mir oft neue Dekorationsideen ein und ich erledige Sachen, die ich tagsüber nicht geschafft habe. Ich bin eher ein Nachtmensch und zwischen 21:00 Uhr und Mitternacht erledige ich oft Email Korrespondenz oder mache Bestellungen von Waren.
Gefühlt arbeitest Du 24/7. Wie schaffst du es Zeit für Deine Familie zu haben? Und mit was lenkst Du Dich in Deiner Freizeit ab?
Meine Tochter arbeitet seit ein paar Jahren als Minijobberin bei mir im Laden, das ist ganz lustig, da wir dann auch tagsüber viel Zeit miteinander verbringen. Am meisten Zeit für meine Familie habe ich, wenn wir verreisen, dann genießen wir die Zeit miteinander und das ist dann auch etwas Besonders. Mit meinem Mann gehen wir oft spazieren und können uns dann über verschiedene Sachen unterhalten, gern kochen wir auch zusammen oder schauen einen Film, das sind einfach Sachen, aber lenkt mich auf jeden Fall sehr gut von der Arbeit ab.
Was ist Dein Lieblingsprodukt bei Jättefint?
Das ist leider nicht einfach zu sagen, das wechselt sehr. Aber wir merken, dass alle Produkte, für die wir uns selbst ehrlich begeistern, auch meistens bei den Kunden gut ankommen. Sei es Wollsocken, die man in der Waschmaschine waschen kann, ein neu übersetztes skandinavisches Kinderbuch, ein schönes Bekleidungsstück, das nachhaltig produziert wurde oder eine schöne Postkarte.
Wir verkaufen hauptsächlich nachhaltig produzierte Kindermode. Unsere größte Marke ist definitiv das schwedische Label Maxomorra, das auch GOTS-zertifiziert ist. Und ich würde sagen, dass die Produkte von Maxomorra einer meine Lieblingsprodukte sind, auch besonders seitdem sie Bekleidung für Erwachsene anbieten.
Aber alles, was mit den Mumins zu tun hat, sei es Bekleidung, Spielzeug, Socken, Taschen oder Becher von den Marken Martinex, Nordic Buddies, Muurla oder Iittala, mag ich auch sehr gern. Die Mumins aus Finnland – gezeichnet und geschrieben von der finnland-schwedischen Autorin Tove Jansson – sind in ihrer Heimat auf ganz vielen Produkten zu finden. Hier in Deutschland ist die drollige Gesellschaft spätestens seit der Fernsehserie nicht mehr aus den Wohn- und Kinderzimmern eingefleischter Skandinavien-Fans wegzudenken.
Auch Bekleidung oder Spielzeug mit Pippi-Langstrumpf-Motiven find ich ganz toll. Aber auch skandinavische Marken, wie Marimekko, Design Letters, Floryd, Omm Design, Fjällräven, und Done by Deer, mag ich sehr gern.
Welche Produkte hättest Du gerne noch im Sortiment?
Ich würde gern noch mehr Wollprodukte für Babies und Kleinkinder anbieten und auch schöne Outdoor-Bekleidung, aber unsere Ladenverkaufsfläche ist leider begrenzt. Ich habe auch eine Schwäche für schöne Küchenartikel, wie Porzellan von der Firma Marimekko und würde sehr gern noch mehr davon anbieten. Schmuck wäre auch ganz toll…
Was sind Deine (beruflichen) Pläne für 2022/23?
Mir macht es generell immer Spaß, neue Ideen auszuprobieren.
Wir haben jetzt neulich Google Shopping eingerichtet und verkaufen auch schon lange über Instagram Shopping und Facebook Shopping. Einen Blog führen wir ebenfalls seit sieben Jahren. Aber der Bereich Social Media und Marketing ist unerschöpflich und da würde ich gern noch viel mehr Zeit und Energie reinstecken.
Gern würde ich auch den Online-Shop grafisch etwas umstellen und modernisieren.
Ich plane auch einen neuen Verkaufsbereich zu eröffnen und dort skandinavische Süßigkeiten in Form von „lösgodis“ anbieten. Das sind lose Süßigkeiten, die man sich mit „pick-and-mix“ in einer Süßigkeitentüte selbst zusammenstellen kann. Als Namen haben wir uns „Jättegott“ ausgedacht. „Jättegott“ bedeutet auf Schwedisch „sehr lecker“, was perfekt zu unserem Firmennamen „Jättefint“ passt. Ich glaube, dass jeder in Krisenzeiten ein bisschen Trost gebrauchen kann. Und was wäre dafür besser geeignet, als Süßigkeiten zu naschen und bunte Jättefint-Kleidung zu tragen, die gute Laune verbreitet? Gemäß unserer Devise: bunt, lustig und skandinavisch – und jetzt auch noch „lecker“!
Liebe Johanna, danke Dir für all die spannenden Einblicke in Deinen Alltag als Mompreneur und Deinen Werdegang.
Jättefint findet sich für alle Kölner in der Wichterichstraße 6-8 in 50937 Köln-Sülz. Und alle anderen können im Online-Shop stöbern.